12.11.2015 10:03 Uhr Von Jana Schlütter
Eine 9000 Jahre alte Beziehung: Bereits Landwirte der Jungsteinzeit nutzten Honig und Bienenwachs.
Vielseitig. Die Honigbiene hat seit Jahrtausenden eine besondere Stellung in unserer Kultur. – Foto: Eric Tourneret
Ägyptische Mumien wurden mit Wachs eingefärbt. Hippokrates verwendete Honig, um Fieber zu senken. Und dem Mythos nach klebte Daedalus sich und seinem Sohn Ikarus mit Wachs Federn an die Arme, um sich mit künstlichen Flügeln in die Lüfte zu schwingen. Die Beziehung zwischen Honigbiene und Mensch ist allerdings noch viel älter. Das legen nicht nur Höhlenmalereien nahe, sondern eine umfassende Untersuchung von mehr als 6400 prähistorischen Tongefäßen, die Archäologen in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika gefunden haben.
Anatolische Bauern der Jungsteinzeit begannen bereits vor etwa 9000 Jahren, die Honigbiene zu nutzen, schreiben Forscher um Mélanie Roffet-Salque von der Universität Bristol im Fachblatt „Nature“. Ihr Team kartografierte erstmals mithilfe des chemischen Fingerabdruckes von Wachs, wie sich das Wissen um den tierischen Helfer verbreitete. Wachs besteht aus komplexen Lipiden wie Alkanen und Estern von Fettsäuren. Diese sind sehr stabil, Reste bleiben auf archäologischen Fundstücken erhalten.
Im Norden war es offenbar zu kalt für die Bienen
Nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12 000 Jahren dehnten Honigbienen nach und nach ihren Lebensraum vom Mittelmeer aus nach Norden aus. Ob sie im Gefolge der ersten Bauern waren, die Wälder rodeten und Kräuter und Obstbäume bevorzugten, wisse man zwar nicht, schreiben die Forscher. Sicher sei jedoch, dass die Bauern sehr schnell lernten, Wachs und Honig zu verwenden. Die ältesten Belege seien Wachsreste auf anatolischen Scherben aus dem 7. Jahrtausend vor Christus. In Mitteleuropa wird Wachs seit etwa 7500 bis 7300 Jahren genutzt, zeigen Scherben aus Brunn in Niederösterreich und aus Niederhummel bei München – etwa 1500 Jahre früher als bisher angenommen. Jenseits 57 Grad nördlicher Breite und in der eurasischen Steppe jedoch fehlt zu dieser Zeit jeder Hinweis auf Wachs. Das sei ein Hinweis auf eine ökologische Grenze, meinen die Forscher. Offenbar waren die Bedingungen dort zu harsch für die Bienen. In der Balkanregion dagegen finden sich besonders viele Wachsreste auf Scherben.
Nicht nur süßer Honig
Die Honigbiene habe eine besondere Stellung in der Kultur des Menschen, betonen Roffet-Salque und ihre Kollegen. War sie einmal „entdeckt“, wurde das Wissen von Generation zu Generation weitergegeben. Sie lieferte mit dem Honig nicht nur einen seltenen Süßstoff. Wachs wurde seit jeher für Rituale und Kosmetik, als Brennstoff oder Medizin beziehungsweise zum Abdichten von Gefäßen genutzt.
jas