Der Imkerverein Zehlendorf und Umgebung e.V. trauert um sein langjähriges engagiertes Mitglied, früheren Vorsitzenden, Imkerpaten und Freund
Stephan Boerger
Stephan Boerger wurde am 17. Februar 1937 im sächsischen Meißen geboren. Die vielbeschworene Ansteckung mit dem „Bienenvirus“ scheint bei ihm mit Verzögerung stattgefunden zu haben: In den Nachkriegsjahren war es, als sein Vater eines Tages mit einem summenden Kasten auf dem Gepäckträger nach Hause kam. Bienen waren drin und sollten die Familie in damaligen Mangeljahren mit Honig versorgen – soweit die ambitionierte Idee des Vaters, der allerdings keine imkerliche Vorbildung hatte. Das erste Öffnen des Fluglochs endete für Stephan mit einer Vielzahl an Bienenstichen. Auch wenn es noch einige Jahre bis zur eigenen Imkerei dauern sollte, abgeschreckt hat ihn diese Erfahrung anscheinend nicht. Im Gegenteil, der Anblick leuchtend goldener Honiggläser auf dem Küchenschrank hat Stephan nachhaltig fasziniert.
In den fünfziger Jahren siedelte die Familie nach Berlin-Spandau über und Stephan ging in die Lehre bei Siemens, wo er bis zu seinem Ruhestand als Ingenieur arbeitete. In den siebziger Jahren, Stephan hatte inzwischen geheiratet und eine Familie gegründet und war auf der Suche nach einer Freizeitbeschäftigung, erinnerte er sich an seine Kindheit und wagte den Schritt in die Imkerei. Ein Imkerverein war schnell gefunden, seinen Hunger nach Wissen, konnte man dort aber nur bedingt stillen. Doch „dem Ingenieur ist nix zu schwör“, wie er gerne mal sagte, und so nahm sich Stephan ein altes Buch seines Vaters zur Hand, kaufte bei einem Vereinskollegen ein Bienenvolk, stellte es auf einem Gartengrundstück in der Zehlendorfer Exklave Steinstücken auf und arbeitete sich beharrlich in die Materie ein.
Wegen einer Bienengiftallergie in der Familie musste Stephan mit seinen Bienen auf einen anderen Standort ausweichen. Durch einen glücklichen Zufall fand er an der Spandauer Zitadelle schließlich sein imkerliches Refugium, für ihn „der beste Platz Berlins“. Idyllisch gelegen an einem Nebenarm der Havel, zwischen alten Bäumen hielt er zu Spitzenzeiten bis zu 20 Bienenvölker in selbstgebauten Goltzbeuten. Wer ihn dort besuchte, wurde in der Sitzecke direkt am Wasser mit dem obligatorischen Kaffee begrüßt. Das Bienenhaus ist Zeugnis eines talentierten und stets wissbegierigen Tüftlers und eines begeisterten und verantwortungsvollen Imkers: Bestens organisiert und voller kleiner und großer selbstgebauter Lösungen, die das Leben der Immen als auch des Imkers erleichtern.
Dem Imkerverein Zehlendorf, dem er seinerzeit beigetreten war, blieb Stephan sein Leben lang treu: 46 Jahre war er engagiertes Mitglied, 1993 wurde er zweiter Vorsitzender und zwischen 2001 und 2007 führte er den Verein als erster Vorsitzender. 2006 rief er zu verstärktem Engagement bei der Ausbildung von Neuimkern auf. Bereits im folgenden Jahr wurden 15 Neuimker von Imkerpaten des Vereins betreut, Dutzende folgten in den Jahren bis heute. Auch Stephan selbst verhalf als geduldiger und kompetenter Lehrer zahlreichen Berliner Imkerinnen und Imkern zu ihrem Start in das Hobby – und mit vielen blieb er über Jahre freundschaftlich in Kontakt und stand ihnen bei Bedarf mit Rat und Tat zu Seite.
Stephan Boerger starb am 18. April 2023 im Alter von 86 Jahren im Kreise seiner Familie.